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Dr. Robert Momberg

Die Kassandrarufe in der Kapazitätsdebatte am Bau

Von Dr. Robert Momberg

Sie verhallen einfach nicht, die Kassandrarufe in der Debatte um Kapazitäten in der (ost-) deutschen Bauwirtschaft. Demnach hat die Branche die Auftragsbücher so voll, dass nichts mehr geht, jede weitere Baunachfrage fast ausschließlich in Preissteigerungen mündet und die Gewinne förmlich sprudeln („Goldene Nase“). In der öffentlichen Diskussion schwingt allzu oft der Vorwurf mit, die Bauunternehmen seien verantwortlich für ausbleibende Angebote bei staatlichen Aufträgen und somit auch „irgendwie“ unsolidarisch.

Tatsächlich befindet sich die Bauwirtschaft nach langen Jahren der Flaute in nahezu ungewohnter Situation, denn der Umsatz wuchs in 2018 in Ostdeuschland um 12 Prozent, in Berlin sogar um fast ein Viertel. Die Auftragslage ist gut und die Auslastung gestiegen, auf gegenwärtig 80 Prozent. Gleichzeitig hat die Bauindustrie ihre Kapazitäten ausgeweitet und durch Neueinstellungen und Investitionen immer weiter erhöht. Ökonomisch gesprochen: der gestiegenen Baunachfrage folgte der entsprechende Angebotszuwachs. Oder: der Baumarkt funktioniert und kann allein nicht herhalten für die beobachteten Friktionen.

Die Ursachen sind vielmehr im gegenwärtigen Regime des öffentlichen Bauprozesses zu suchen. Erstens ist das staatliche Ausschreibungs- und Vergabeverfahren hierzulande derart bürokratisch, überreguliert und zunehmend auch ideologiegetrieben, dass private Bauaufträge oft attraktiver als öffentliche sind und somit von den Baufirmen bevorzugt werden. Die „Frondienste“, die deutsche Bauunternehmen gegenüber dem Staat erbringen müssen, verschlingen jährlich Ressourcen von satten 10 Milliarden Euro – Tendenz steigend.

Zweitens ist seit vielen Jahren auf allen Gebietskörperschaftsebenen eine prozyklische Bauinvestitionspolitik zu beobachten, also eine die vorherrschende Konjunkturlage verstärkende Finanzpolitik. In guten Zeiten wird viel gebaut, in schlechten wenig. So ist auch zu erklären, dass mancherorts politisch völlig verschlafen wurde, sich um Wohnungen und soziale oder Verkehrsinfrastruktur zu kümmern. Und nun soll alles gleichzeitig her. Eine Verstetigung der Bauausgaben würde erheblich für Entspannung an der Kapazitätsfront sorgen.

Hier liegt also kein (Bau-) Marktversagen vor, sondern die von Politik und öffentlicher Verwaltung gesetzten Rahmenbedingungen sind ursächlich für die gegenwärtigen Nöte.

Eine echte Entbürokratisierungs- und Deregulierungsoffensive sowie verstetigte Bauinvestitionen könnten entscheidend dazu beitragen, dass die Unheil verkündenden Rufe verstummen und der Bau ein stabiler Garant für Wohlstand und Beschäftigung ist und bleibt.


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