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Herbert Mackenschins

Preisbildung ist Sache der Vertragsparteien, nicht der VOB/B!

Der Fall:

Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) auf der Grundlage der VOB/B mit Abbrucharbeiten. Der AN hatte für „Entsorgung von Bauschutt, Abfallschlüssel-Nr. 170106“ einen Einheitspreis (EP) von 462 Euro/t angeboten. Dieser setzt sich nach Angaben des AN wie folgt zusammen: eigene Verladekosten i. H. v. 40 Euro/t, auf Angeboten seines Nachunternehmers (NU) basierende Deponie- und Transportkosten von insgesamt 292 Euro/t, weitere 60 Euro/t für die Containerstellung und ein Zuschlag von 20 Prozent auf die Fremdkosten. Statt der ausgeschriebenen Menge von einer Tonne mussten 83,92 Tonnen entsorgt werden. Hierfür beansprucht der AN den EP von 462 Euro/t. Der AG verlangt die Vereinbarung eines neuen EP und Auskunft über die tatsächlichen Kosten der Entsorgung. Der AN teilt die Kosten für den Transport und die Containerstellung mit 27,37 Euro/t und die Kosten für die Entsorgung mit 64,20 Euro/t, in Summe rund 92 Euro/t, mit. Der AG berechnet unter Berücksichtigung des Zuschlags von 20 Prozent einen EP von 109,88 Euro/t. Der AN erhebt Klage. Das OLG Celle sah einen EP von 150,40 Euro/t für die über 110 Prozent hinausgehende Mehrmenge als berechtigt an. Mit der Revision verfolgt der AN seine Forderung weiter.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof weist die Revision mit Urteil vom 08.08.2019 –VII ZR 34/18– zurück. Der AG kann für die Menge, die den ausgeschriebenen Vordersatz einer Tonne um mehr als 10 Prozent überschreitet, einen neuen EP verlangen. Voraussetzung hierfür ist nicht, dass sich eine Änderung der veranschlagten Kosten kausal auf die Mengenmehrung zurückführen lässt. Für das Preisanpassungsverlangen ist nur gefordert, dass der Mengenansatz um über 10 v. H. überschritten wird. Wie die Vergütungsanpassung vorzunehmen ist, regelt § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht. Die Klausel gibt nur vor, dass Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind. Im Übrigen legt die VOB/B die Verantwortung für die neue Preisbestimmung in die Hände der Vertragsparteien. Sie können sich sowohl vor Vertragsschluss wie auch nachträglich über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen. Eine solche Verständigung liegt dahingehend vor, dass der GU-Zuschlag von 20 Prozent auf Fremdkosten bei der Bildung des neuen EP heranzuziehen ist. Soweit die Parteien sich im Übrigen nicht einigen, ist der neue EP für Mehrmengen nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge zu bemessen.

Praxishinweis:

Wollen die Parteien die Vergütung für Mengenmehrungen nicht nach den tatsächlich erforderlichen Kosten bemessen, müssen sie eine anderslautende Vereinbarung treffen. Dies ist mit Blick auf den in § 2 Abs. 5 VOB/B identischen Wortlaut auch für geänderte und zusätzliche Leistungen zu empfehlen.

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