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Susann Stein

Politik und Kommunikation/ Pressesprecherin
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Positionen der Bauindustrie zur Mantelverordnung

POSITIONSPAPIER

Anmerkungen zum Entwurf der Ersatzbaustoffverordnung (Stand: 19. März 2020)

1. Für bestimmte aus Abfällen hergestellte mineralische Ersatzbaustoffe sollte in der Ersatzbaustoffverordnung definiert werden, dass und wann sie das Ende der Abfalleigenschaft erreichen können. § 20 des Regierungsentwurfs sollte also beibehalten werden, da nur eine möglichst konkrete Regelung zum Abfallende zu einer Akzeptanzsteigerung für die Verwendung der entsprechenden Mineralischen Ersatzbaustoffe führen wird. Lediglich güteüberwachter und zertifizierter „Abfall“ wird auf dem Markt keine Chance haben. Sollte das Abfallende in diesem Sinne nicht in der EBV geregelt werden, müsste unmittelbar anschließend auf der Grundlage von § 5 Abs. 2 KrWG (ggf. in der novellierten Fassung) eine entsprechende „Abfallende-Verordnung“ erlassen werden.

2. Vom Grundsatz her werden von der an die Anzeigepflicht anknüpfende Ersatzbaustoffkataster- und Dokumentationspflicht (§ 23 iVm. § 22 u. § 20 EBV-E) zwar nur bestimmte Schlacken und Aschen erfasst und der besondere Schutz in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten ist auch nachvollziehbar. Gleichwohl werden sich diese bürokratischen Anforderungen und die semantische Ähnlichkeit zu einem Altlastenkataster unserer Einschätzung nach negativ im Hinblick auf die Akzeptanz der davon erfassten MEB auswirken und so insgesamt das Ziel der EBV konterkarieren. Kaum ein Grundstückseigentümer wird Ersatzbaustoffe einbauen, wenn das Grundstück dann in ein ErsatzbaustoBataster aufgenommen wird und unklar ist, welche Folgen sich hieraus ergeben bzw. welche - ggf. zukünftige - Auflagen hiermit verbunden sein werden.

Die Dokumentationspflicht (§ 22 Abs. 5) ist zudem in Verbindung mit der „Rückbauanzeige“ (gem. § 22 Abs. 6) praxisfremd. Technische Bauwerke, und allein um solche geht es in der EBV, werden nicht nur für ein paar Jahre, sondern für einen längeren Zeitraum errichtet. Abgesehen von damit verbundenem Mehraufwand und Mehrkosten müssten in der Praxis künftig beispielsweise öffentliche Straßenbaulastträger die Dokumentation auGewahren und den Zeitpunkt des Rückbaus an die zuständige Behörde melden.

3. Wir halten eine Klarstellung in § 24 notwendig, dass Behandlung und Verwertung von mineralischen Bauabfällen und Bodenmaterial unmittelbar auf derselben Baustelle möglich bleiben. Es wäre unsinnig, wenn mineralische Abfälle, die beispielsweise bei der Sanierung/Reparatur einer Bundesautobahn anfallen, künftig nicht mehr auf der Baustelle selbst behandelt und dort beispielsweise in der Frostschutzschicht wieder eingebaut werden dürften, sondern extra zu einer anderen „geeigneten AuGereitungsanlage“ transportiert, dort behandelt und der dort hergestellte MEB dann wieder zum Einbau in die Frostschutzschicht auf die Autobahnbaustelle zurücktransportiert werden müsste.

4. Es erschließt sich nicht, wie die Absenkung der Materialwerte für PAK15 für RC-1 auf 4,0 μg/l (statt 6,0) und für RC-2 auf 8 μg/l (statt 12), d.h. um jeweils 33%, sachlich begründet werden kann. Bereits die im Regierungsentwurf enthaltenden Materialwerte sind nach dem wissenschaftlichen Fachkonzept festgelegt worden und damit ausreichend. Diese Absenkung wird beispielsweise im Kabelleitungstie Gau zu Stoffstromverschiebungen führen. Die Verfüllung von Leitungsgräben unter Plattenbelägen mit RCL-Sand außerhalb von Wasserschutzgebieten ist ein Standardfall im innerstädtischen Versorgungsleitungsbau in Gehwegen. Bislang ist beispielsweise in NRW nach LAGA M 20 die Verfüllung zulässig mit Z 1.2-Material (ΣPAK 15 Eluat: kein Grenzwert, Feststoff: 15 mg/kg). Die Verschärfung wird dazu führen, dass RC-Baustoffe, die bisher qualifiziert wiederverwertet (eingebaut) werden konnten, in Zukunft nicht mehr verwertet werden können, sondern auf Deponien beseitigt werden müssen.

Die Kohärenz zwischen Materialwerten in den Tabellen in Anlage 1 des EBV-E mit Werten, ab denen nach Ländererlasslage Abfälle als gefährlich eingestuft werden, scheint nicht durchgängig gegeben. Wir regen an zu prüfen, ob dieser Abgleich der Materialwerte mit den Regelungen in Ihrem Bundesland bei der Überarbeitung des EBV-E erfolgt ist. Es wäre keine konsistente Regelung, wenn für technische Bauwerke Abfälle als mineralische Baustoffe verwendet werden dürften, die derzeit auf Deponien nur unter zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen zulässig sind. Die Verwendung solcher Materialien dürfte auch kaum im Interesse der Bauherren sein, wenn diese damit rechnen müssten, bei einem späteren Abriss des Bauwerks die Materialien als gefährliche Abfälle teuer entsorgen zu müssen.

5. Negative Auswirkungen auf das praktische Baugeschehen sind auch deshalb zu erwarten, weil die Mantelverordnung leider kein durchgängiges und harmonisiertes Konzept für die Vorerkundung, die Beprobung, Analyse und Dokumentation von auf der Baustelle anfallenden Abfällen und die verschiedenen Entsorgungswege enthält. Eine Vereinheitlichung der Probe-nahme- und Analyseverfahren wäre sehr wichtig. Bauabläufe brauchen klare Verantwortlichkeiten. Man muss auf der Baustelle beproben
und entscheiden können, wohin das Material geht.

6. Es ist uns nicht bekannt, welche Änderungen bei der geplanten Neufassung der Bundesbodenschutzverordnung im Bundesrat beraten werden sollen. Insbesondere folgende Aspekte sind wichtig: Die derzeitige Verwertungsquote von 90% der mineralischen Bauabfälle basiert insbesondere auf der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Rahmen von Verfüllungen. In Bayern wird ein Großteil des anfallenden Bodenaushubs in diesem Sinne verfüllt. Die BAUINDUSTRIE unterstützt daher ausdrücklich die Öffnungsklausel für länderspezifische Regelungen für die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen auch, um so knappen Deponieraum zu schonen. Mineralische Bauabfälle sind regional anfallende Stoffströme. Wenn sie mittels Verfüllung in der Region des Anfallortes verwertet werden, können überregionale Transporte mit den damit verbundenen Emissionen sowie Entsorgungskosten vermieden werden.

Es ist ebenfalls zu beachten, dass die Vorgabe einer - anstelle ins behördliche Ermessen gestellten (vgl. § 4 Abs. 4 BBodSchV-E) - generellen bodenkundlichen Baubegleitung bei Vorhaben mit einer betroffenen Fläche von mehr als 3.000 m2 in Verbindung mit dem novellierten GeolDG und der DIN 19639 (Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben) voraussichtlich zu erheblichem zusätzlichen Aufwand auch in der Bauphase und höheren Baukosten führen würde.

7. Die Überprüfungsklausel in Artikel 5 des Regierungsentwurfs muss angepasst werden. Nicht zuletzt aufgrund der Änderungen insbesondere des EBV-E ist mit erheblichen zusätzlichen Stoffstromverschiebungen in Richtung Deponierung zu rechnen. Weil es dazu keine belastbaren Folgeabschätzungen hinsichtlich rechtlicher und tatsächlicher Folgen insbesondere im Hinblick auf damit verbundenen weiteren Stoffstromverschiebungen, Auswirkungen auf Deponiekapazitäten und Transportentfernungen gibt, ist ab Inkrafttreten der Mantelverordnung ein begleitendes Monitoring erforderlich. Zudem muss die Evaluierung bereits nach zwei Jahren erfolgen, um die Stoffstromverschiebungen unter Berücksichtigung der Übergangsregelung bewerten und auf negative Auswirkungen entsprechend reagieren zu können, um Entsorgungsengpässe zu vermeiden.


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